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3. Sonntag im Jahreskreis

Thema: Shuvu - kehrt um!

Lesg./Ev.: Mt 4,12-23

gehalten am 24.01.1999 10:30h ESB von Eberhard Gottsmann, OStR

Evangelium

12 Als Jesus hörte, daß man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. 13 Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. 14 Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: 15 Das Land Sebulon und das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa: 16 das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen. 17 Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. 18 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. 19 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 20 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm. 21 Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie, 22 und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus. 23 Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.

Predigt

Liebe Christen!

Wenn jemand einem Autofahrer, der nach Forchheim will, den Rat gibt, doch umzukehren und in Richtung Weiden zu fahren, dann handelt es sich wahrscheinlich um einen Aprilscherz, und einen schlechten dazu.

Wenn Jesus - wie schon vorher Johannes - gesetzestreue und gewissenhafte Juden auffordert, umzukehren, dann mutet das ebenfalls wie ein mißlungener Witz an. Verglichen mit uns Heutigen waren die meisten Zeitgenossen Jesu überaus bemüht, nach dem Gesetz Gottes zu leben, die Reinheitsvorschriften zu erfüllen, die täglichen Gebete zu sprechen und vor allem: das Sabbatgebot in allen Einzelheiten einzuhalten. Der ganze Alltag war geprägt von religiösen Gedanken, und auch die Nächstenliebe kam nicht zu kurz. Denn Almosengeben und die Unterstützung Bedürftiger galt als besonders verdienstvoll! Sicher gab es auch damals Ausnahmen - aber im großen Ganzen könnten wir von den Leuten damals einiges lernen.

Was soll dann der Aufruf „shuvu" - „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe?" Sind denn die Leute in den Augen Jesu auf dem falschen Dampfer? Sollten sie etwa die Gebote noch ernster nehmen und noch weitere Vorschriften zu den 613 Ge- und Verboten hinzufügen? Wenn Jesus das meinen würde, dann hätte er sich nicht mit den Pharisäern anlegen dürfen; denn noch strenger als sie kann kein Mensch nach den Gesetzen leben.

Vielleicht wird manches deutlicher, wenn wir einmal den Zusammenhang betrachten, in den Mattäus diesen Aufruf Jesu gestellt hat.

Zunächst ist da von einem Volk die Rede, das im Dunkeln, ja sogar im Schattenreich des Todes sitzt. Zu deutsch: die Bewohner des überwiegend heidnischen Galiläa sind wie Blinde, wie Tote - wie Menschen, die dumpf dahinvegetieren und gar nicht mehr wissen, was wirklich Leben heißt.

Und zweitens heißt es wenig später, als Jesus Schüler beruft: „Kommt, folgt mir nach! Ich will euch zu Menschenfischern machen!" Menschen fischen - also aus dem Wasser herausziehen, das heißt doch, sie vor dem Ertrinken, vor dem Tod zu erretten! Für Fische wäre Wasser lebensnotwendig, und sie zu fischen, bedeutet deren Tod. Menschen dagegen leben nicht im Wasser; für sie ist Wasser lebensgefährlich (vor allem, wenn sie nicht schwimmen können)!

Jetzt passen die Mosaiksteine allmählich zusammen. Und wenn wir noch die Begründung „denn das Himmelreich ist nahe" in unsere Sprache übertragen: „Gott ist bei uns, er ist uns nahe", und wenn wir die Gedanken der Bergpredigt hinzunehmen, die Mattäus ein Kapitel später beginnen läßt, dann rundet sich das Bild zu einem Ganzen.

„Ihr unglücklichen, resignierten und verzweifelten Menschen! Ihr könnt die lichten Seiten des Lebens nicht mehr sehen; wie Blinde tappt ihr im Dunkel herum. Ihr fühlt euch wie in einem schwarzen Loch, wie wenn ihr jetzt schon in der Unterwelt wärt, wo ja nach eurem Glauben Gott nicht zu finden ist.

Ich möchte euch aus diesem Loch herausholen, ich möchte auch aus dem Wasser fischen, in dem ihr zu ertrinken droht.

Aber zuerst müßt ihr eine andere Einstellung bekommen, ihr müßt umdenken, sonst kann ich euch nicht helfen.

Ihr glaubtet bisher, euch durch eigene Kraft, durch eigene Leistung retten zu können. Ihr habt immer neue Vorschriften und religiöse Übungen erfunden im Glauben, das würde euch aus der Misere herausbringen. Ihr habt immer längere Andachten erfunden und immer mehr Rosenkränze gebetet, ihr habt „Offenbarungen" vom Weltuntergang und anderen Katastrophen ausgestreut und „Dritte Geheimnisse" mit furchterregendem Inhalt verbreitet, um zu religiösen Höchstleistungen anzustacheln. Aber dadurch seid ihr nur immer tiefer in Ängste und Hoffnungslosigkeit geraten - denn je mehr ihr euch abgestrampelt habt, umso tiefer seid ihr ins Loch geraten oder ins Wasser getaucht, desto mehr hat Angst und Enge eure Herzen ergriffen.

Gerade für euch habe ich eine Frohe Botschaft, eine Gute Nachricht: Gott ist euch doch nahe! Und dieser Gott ist kein Paragraphenreiter, kein Kontrolleur oder Henker, sondern die Liebe in Person! Ein Gott, der die Versager und Sünder besonders liebt, ein guter Vater, der nur eines möchte: daß es euch gut geht! Denkt um: denn nicht Angst ist die Antwort auf Liebe, sondern Vertrauen! Nicht Enge ist die angemessene Haltung, sondern Weite und Freiheit! Nicht Leistung ist die rechte Reaktion, sondern dankbare, frohe Annahme und Weitergabe seiner Liebe!

Darum klammert euch nicht an irdische, also vergängliche Scheinsicherheiten, seien sie weltlicher oder religiöser Art, sondern haltet euch allein an IHM fest - denn er allein ist Leben, Licht und Freude!"

AMEN

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