Jes 40 1 Tröstet tröstet mein Volk, spricht euer Gott, 2
redet zum Herzen Jerusalems und ruft ihr zu, daß vollendet ist
ihr Frondienst, daß abgegnadet ist ihre Schuld, daß gedoppelt
von SEINER Hand sie empfängt für all ihre Sündenbußen.
3 Stimme eines Rufers: In der Wüste bahnt SEINEN Weg, ebnet in
der Steppe eine Straße für unseren Gott! 4 Alles Tal soll sich
heben, aller Berg und Hügel sich niedern, das Höckrige werde
zur Ebne und die Grate zum Gesenk! 5 Offenbaren will sich SEINE
Herrlichkeit, alles Fleisch vereint wirds sehen. Ja, geredet hats
SEIN Mund. 9 Auf einen ragenden Berg steig dir als Freudenbotin,
Zion, erhebe hoch mit Kraft deine Stimme als Botin des Glücks,
Jerusalem, erhebe sie hoch, fürchte dich nimmer, sprich zu den
Städten Judas: Da, euer Gott! 10 da, mein Herr, ER, er kommt als
der Starke, sein Arm hat für ihn eingegriffen, da, bei ihm ist
sein Verdienst, vor ihm her sein Werklohn: 11 wie ein Hirt weidet
er seine Herde, Lämmer hält er in seinem Arm, trägt sie an
seiner Brust, die Mutterschafe leitet er sacht.
1,1 Anfang der Heilsbotschaft von Jesus: dem Messias,
Gottes Sohn. 2 Wie geschrieben ist bei dem Propheten Jesaja:
Da! Ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, damit er
deinen Weg wird rüsten. (Mal 3,1) 3 Eines Rufenden Stimme aus
der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn; gerade macht seine
Straßen - 4 so geschah es, daß Johannes der Täufer in der
Wüste Künder wurde einer Taufe zur Umkehr - zum Nachlaß der
Sünden. 5 Und hinaus zog zu ihm das ganze judäische Land, auch
die Leute von Jerusalem alle. Und sie ließen sich im Fluß
Jordan von ihm taufen, ihre Sünden bekennend.
6 Johannes war bekleidet mit Kamelhaar und einem ledernen Gurt um
die Hüfte. Er aß Heuschrecken und wilden Honig. 7 Und er
kündete und sagte: Nach mir kommt, der stärker ist als ich. Ich
bin nicht genug, mich zu bücken und den Riemen seiner Sandalen
zu lösen. 8 Ich taufte euch mit Wasser; er wird euch taufen in
heiligem Geist.
Mein lieber Markus!
Ich möchte Dir schon lange einmal ein großes Kompliment machen. Mit deinem Buch, das Du Frohbotschaft von Jesus, dem Messias, dem Sohn Gottes" überschrieben hast, ist Dir ein großartiger Wurf gelungen. Du hast eine literarische Gattung geschaffen, die es vor Dir noch nie gegeben hat: die des Evangeliums" nämlich. Andere Autoren, Mattäus und Lukas, haben Deine Idee geklaut, ja, sie haben sogar dein ganzes Buch als Grundgerüst ihres Evangeliums übernommen und nur wenig daran verändert. Lustigerweise hat der heilige Augustinus dir vorgeworfen, Du hättest den Mattäus abgeschrieben und ihn dabei unzulässigerweise zusammengestrichen! Man sieht, auch Heilige können von manchen Dingen keine Ahnung haben; wir Heutigen wissen es jedenfalls besser.
Ich kann mir gut vorstellen, wie Du auf diese Idee gekommen bist! Durch die Erscheinungen des Auferstandenen wurde ja all seinen Anhängern klar, daß Gott Jesus nicht fallen gelassen hatte; im Gegenteil: er hat ihn sogar vom Tod erweckt und in seine Herrlichkeit aufgenommen. Und sie erlebten, daß er trotzdem unter ihnen lebte und weiterwirkte. Ja, dieser Mensch mußte der Messias, der von Gott gesandte Gesalbte sein, von dem schon die alttestamentlichen Propheten gesprochen haben! Und durch die Auferweckung hat Gott ja bestätigt, daß dieser Jesus ganz und gar im Sinne Gottes geredet und gehandelt hatte - orientalisch ausgedrückt, daß er DER Sohn Gottes" schlechthin war.
Logisch, daß jetzt das Interesse an seinem Leben gewachsen ist. Und man begann allerhand zu sammeln: Was alles hatte er gelehrt, welche Geschichten hatte er erzählt? Was hatte er alles getan, woran man damals schon seine göttliche Sendung hätte erkennen können? Und vor allem: wie kam es zur schrecklichen Katastrophe seiner Kreuzigung?
Und da hattest Du, lieber Markus, die Idee, diese verschiedenen Überlieferungen und Mosaiksteine zu einem Buch zusammenzufassen. Deine Absicht war, eine Leidensgeschichte Jesu zu verfassen, und zu erklären, wie es dazu kommen konnte.
Die Einleitung zu diesem Werk haben wir vorhin gehört: da weiß man schon von vorneherein, worum es geht: eine Gute Nachricht ist es, eine Heilsbotschaft, die aufrichten und froh machen soll und zwar seine Zeitgenossen genauso wie uns heutige Menschen.
Ich verzeihe Dir gern, daß Du mit dem Bibelzitat ein wenig geschlampt hast: der erste Teil stammt nämlich gar nicht von Jesaja, wie Du behauptest, sondern von Maleachi. Außerdem verdrehst Du da was! im Original heißt es: "Eine Stimme ruft: Bereitet dem Herrn einen Weg in der Wüste" - und Du behauptest: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn einen Weg!" Aber mir ist schon klar, was Du mit diesem Schriftwort bezweckst: Du willst darauf hinaus, daß die ganze Geschichte mit Johannes dem Täufer, dieser bedeutenden Persönlichkeit im Umkreis Jesu, begonnen hat. Am Jordan, dort, wo die Wüste Juda ganz nahe an das Flüßchen heranreicht, hat er mit drohenden und aufrüttelnden Worten die Leute zur Umkehr und Buße aufgerufen. Merkwürdig, daß wir bei Dir von seiner Drohbotschaft nichts hören - erst Mattäus und Lukas, Deine Überarbeiter, reichen sie nach. Sie bringen Zitate wie: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch gelehrt, dem künftigen Zorngericht zu entgehen" oder Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird ausgehackt und ins Feuer geworfen!" und schließlich: Schon steht er auf der Tenne, um den Weizen von der Spreu zu reinigen. Den Weizen sammelt er in seinen Scheunen; die Spreu aber verbrennt er in ewigem Feuer!" Das alles läßt Du weg; aber indem Du den Täufer wie den zornigen, mit Feuer und Schwert dreinschlagenden Elija auftreten läßt, genauso gekleidet und genauso fanatisch wie er, kann man schon erahnen, wie er seine Zuhörer einschüchtert und zur Umkehr bewegt.
Anscheinend hat Johannes geglaubt, Jesus würde seine Drohbotschaft vom endzeitlichen Gottesgericht, das mit Feuer und Vernichtung über die Welt hereinbricht, fortsetzen. Es kommt einer, der ist stärker als ich. ... Er wird euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen!" wie Lukas ergänzt.
Jesus wird tatsächlich in die Nachfolge dieses großen, strengen Bußpredigers treten, aber mit einer völlig anderen, sogar entgegengesetzten Botschaft: Ja, jetzt ist er da, der Tag des Gerichts. Aber es ist kein Gericht des Verderbens, sondern ein Gericht des Heils, der Gnade! Gott richtet tatsächlich, aber nicht wie ein Scharfrichter, der hin-richtet, sondern wie ein liebender Vater, der her- und auf-richtet, der in Ordnung bringt, was krumm und kaputt ist!"
Johannes, inzwischen von Herodes Antipas eingekerkert, begreift das Verhalten Jesu nicht mehr. Dein Nachautor, Mattäus, berichtet, wie Johannes seine Anhänger zu Jesus schickt, um ihn zu fragen: Bist du es wirklich, der komen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?" Die Antwort Jesu ist eindeutig: Geht zurück zu Johannes und sagt ihm, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Taube hören, Aussätzige werden rein, und den Armen wird die Frohe Botschaft verkündet. Selig, wer sich nicht über mich ärgert, weil ich seinen Erwartungen nicht entspreche, mein lieber Johannes!"
Lieber Markus, es ist ein großes Verdienst, daß Du als erster diese Frohe Botschaft zusammengefaßt hast. Denn weißt Du: auch heute noch neigen viele Christen dazu, Gott als gerechten, strengen, vernichtenden Rächer zu sehen, ähnlich wie Johannes der Täufer. Aber sie könnten es besser wissen, wenn sie Dein Buch aufmerksam lesen würden. Denn du hast uns das Gottesbild Jesu nahegebracht: einen Gott des grenzenlosen Erbarmens und der unverlierbaren Liebe, der nichts sehnlicher wünscht, als die blinden, lahmen, tauben Menschen ihrem Elend zu entreißen.
Ich darf Dir versichern: ich werde Dein Anliegen weiterführen. Ich werde versuchen - so wie Du es getan hast - die Menschen um mich zu überzeugen, daß Finsternis, Angst und Haß, Hölle und Vernichtung nicht zum Vokabular Gottes gehören.
Reich Gottes, also Advent, Ankunft Gottes in unserer Welt bedeutet vielmehr: Licht, Hoffnung, Erbarmen, Gemeinschaft mit Gott und eine neue Welt: eine Welt der Toleranz, der Hilfsbereitschaft und der Solidarität (E. Biser).
AMEN
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