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Dreifaltigkeitssonntag

Thema: Dreifaltigkeit und Dogma
Lesg./Ev.: Ex 34,4b-6.8-9; Joh 3,16-18
gehalten am 29.05.99 19:00h u. 30.05.99 09:00h und 10:30h ESB
von Eberhard Gottsmann, OStR

Lesung

Am Morgen stand Mose zeitig auf und ging auf den Sinai hinauf, wie es ihm der Herr aufgetragen hatte. Die beiden steinernen Tafeln nahm er mit. 5 Der Herr aber stieg in der Wolke herab und stellte sich dort neben ihn hin. Er rief den Namen Jahwe aus. 6 Der Herr ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue.
8 Sofort verneigte sich Mose bis zur Erde und warf sich zu Boden. 9 Er sagte: Wenn ich deine Gnade gefunden habe, mein Herr, dann ziehe doch mein Herr mit uns. Es ist zwar ein störrisches Volk, doch vergib uns unsere Schuld und Sünde, und laß uns dein Eigentum sein!

Evangelium Joh 3,16-18

16 Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. 17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. 18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.

Predigt

Liebe Christen!

Da ich ein Schüler des berühmten Dogmatikers Kardinal Ratzinger bin, zudem stolzer Besitzer des Neuen Katechismus, kann ich mir heute mal die Predigt erleichtern. Ich brauche ja nur zu übernehmen, was Dogmatik und Katechismus über die Dreifaltigkeit Gottes sagen - und darf hoffen, daß Sie, liebe Zuhörer, möglichst viel davon haben.

Was steht also zum Thema „Dreifaltigkeit" im Katechismus?

„202 Wir glauben fest und bekennen aufrichtig, daß nur Einer der wahre, ewige und unveränderliche, unbegreifliche, allmächtige und unaussprechliche Gott ist, der Vater, Sohn und Heilige Geist: zwar drei Personen, aber eine Wesenheit, Substanz oder gänzlich einfache Natur."

Alles klar?

Vielleicht noch ein paar klärende Zitate aus dem reichen Dogmenschatz der Kirche:

„Es gibt in Gott zwei innergöttliche Vorgänge". De fide.
„Subjekt der innergöttlichen Hervorgänge (im aktiven und passiven Sinn) sind die göttlichen Personen, nicht die göttliche Natur." De fide.
„Die zweite göttliche Person geht aus der ersten durch Zeugung hervor und verhält sich deshalb zu ihr wie der Sohn zum Vater." De fide.
„Der Heilige Geist geht aus dem Vater und dem Sohn als einem einzigen Prinzip durch eine einzige Hauchung hervor." De fide.
„Die Relationen in Gott sind mit der göttlichen Wesenheit real identisch". De fide.
„In Gott ist alles eins, soweit nicht ein Gegensatz der Relation vorhanden ist." De fide.
„Die drei göttlichen Personen sind ineinander". De fide.
Und schließlich:
„Alle Tätigkeiten Gottes nach außen sind den drei Personen gemeinsam". De fide

Das alles haben Sie noch nie gehört? Das sollten sie aber kennen: denn sämtliche Aussagen sind verbindliche Dogmen der katholischen Kirche!

Wenn Ihnen aber noch immer nicht alles klar ist, dann bietet sich als Zusammenfassung des Dreifaltigkeitsglaubens ein Text des Kirchenlehrers Gregor von Nazianz an:
"...Eine Gottheit ohne Ungleichheit der Substanz oder Natur nach, ohne erhöhenden höheren Grad oder erniedrigenden niederen Grad ... Es ist die unendliche Naturgleichheit dreier Unendlicher. Gott als ganzer, jeder in sich selbst betrachtet ... Gott als die Drei, zusammen betrachtet ... "

Wenn ich das so lese, tauchen in mir Bilder von meinen Dogmatikvorlesungen auf - und auch das gleiche ungute Gefühl, das mich schon damals beschlichen hat, kommt in mir hoch: großartige theologische Spekulationen und virtuose Begriffsakrobatik, - nur: können wir davon leben?

Die Heilige Schrift spricht nicht so von Gott. Ihr liegt wenig an Kurzformeln und Definitionen. Was uns im Alten und Neuen Testament begegnet, sind Erfahrungen, die bestimmte Menschen mit dem lebendigen Gott gemacht haben. Erst im Lauf der Jahrhunderte wurden diese Erfahrungen von Gelehrten in ein System gebracht; und gleichzeitig wurden die Aussagen blutleer und leblos, wie ein Schmetterling, den man in Kunstharz gießt.

Wenn wir wissen wollen, was eigentlich hinter dem Dreifaltigkeitsglauben steckt, müssen wir in die Wüstenzeit Israels zurückgehen, zu Mose, wie er damals Gott erfahren hat.

Mose hatte den sehnlichen Wunsch, Gott schauen zu dürfen, wie er wirklich ist, in seiner ganzen Größe und Herrlichkeit. Und Gott wollte sich ihm offenbaren, wie das nur immer einem sterblichen Menschen gegenüber möglich ist.

Entscheidend ist nun, daß schon Mose einen Gott erfahren hat, der den Menschen und der Welt ganz zugewandt ist: ein „barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue". Wenn auch das Alte Testament nur so strotzt von menschlichen Vorstellungen Gottes, von seiner Grausamkeit und seiner Forderung nach „Heiligen Kriegen" - es gab schon immer einzelne Menschen, die das eigentliche Wesen Gottes, die unermeßliche Liebe, geahnt und beschrieben haben.

Was sich in diesem Text nur andeutet, macht dann Jesus in voller Konsequenz klar: Gott ist die unverlierbare, unendliche, bedingungslose Liebe.

Schon in der Schöpfung können wir Menschen diese ewige Liebe erkennen und wiederlieben - wenn wir nur symbolfähig sind. Diese Möglichkeit, Gott zu erfahren, nennen wir „Schöpfergott" oder „Vater". Auf diese Weise hatten die Menschen schon zu allen Zeiten Gelegenheit, einige „Seiten" Gottes zu erfahren, besonders seine Schönheit und Macht, aber auch bereits seine Liebe.

Und weil Gott seine Schöpfung - besonders uns Menschen - so liebt, sagt Jesus im heutigen Evangelium, „hat er seinen Sohn in die Welt gesandt, damit die Welt durch ihn gerettet würde".

Man könnte es auch anders ausdrücken: im Menschen Jesus läßt sich der liebende Gott so intensiv erfahren, daß wir alle aufatmen können und jede Angst verlieren - vorausgesetzt, wir be-greifen und er-greifen diese unglaubliche Tatsache. Wenn wir die ewige Liebe so durch Jesus erleben, dann nennen wir sie „Gott Sohn"; oder umgekehrt: weil der Mensch Jesus so ganz und gar von Gott, der Liebe, durchdrungen war, ist er der Sohn Gottes schlechthin (wir sind nur ab und zu Söhne und Töchter Gottes, nur dann nämlich, wenn wir selbstlos lieben).

„Gott ist die Liebe" - das ist also der Kern der Dreifaltigkeitslehre, ohne Staub der Jahrhunderte und ohne philosophisch-abstrakte Spekulation!

Denn weil Gott die Liebe ist, Liebe sich aber mitteilen will, kann Gott auch kein einsames und isoliertes Wesen sein. Beziehung, Austausch, Gemeinschaft gehört zu seinem Wesen. Wenn wir Gott so erfahren, beispielsweise in unseren Mitmenschen, dann nennen wir ihn „Heiligen Geist".

Die Menschen allerdings haben diese Liebe, die Gott ihnen in Jesus entgegenbrachte, nicht begreifen wollen. Gewalttätig haben sie auf seine Gewaltlosigkeit reagiert; fixiert auf ein Gottesbild, das von Macht und Gesetz bestimmt war, haben sie die göttliche Liebe - verkörpert durch den Menschen Jesus - wegen Gotteslästerung! ans Kreuz geschlagen. Mit Hohn und Haß haben sie die Botschaft vom barmherzigen Vater, der die verlorenen Söhne mehr liebt als die korrekten Frommen, zurückgewiesen.

Trotzdem hört Gott nicht auf, uns seine Liebe anzubieten, er verströmt sich an alle, die bereit sind, seine Liebe auch aufzunehmen und weiterzugeben. Das ist es, was der Gottessohn am Kreuz deutlich macht: „Ihr könnt mich hassen, ihr könnt mich foltern, ihr könnt mich umbringen - und trotzdem liebe ich euch mit unverlierbarer Liebe!"

Wenn wir das überdenken und meditieren, dann brauchen wir keine trockenen theologischen Begriffe, um das Dreifaltigkeitsfest verstehen zu können - im Gegenteil, dann wird uns das Geheimnis der Dreifaltigkeit viel klarer als manchem theologischen Spezialisten, der zwar wundervoll mit Begriffen jonglieren kann, aber das Eigentliche außer Acht läßt: nämlich die Erfahrung der Liebe Gottes, die uns Vertrauen und Dankbarkeit ermöglicht, auch ohne gelehrte Worte.

AMEN

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