Mt 22:1 Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: 2 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete. 3 Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen. 4 Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Mein Mahl ist fertig, die Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! 5 Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, 6 wieder andere fielen über seine Diener her, mißhandelten sie und brachten sie um. 7 Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. 8 Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert (eingeladen zu werden). 9 Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein. 10 Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen. 11 Als sie sich gesetzt hatten und der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Mann, der kein Hochzeitsgewand anhatte. 12 Er sagte zu ihm: Mein Freund, wie konntest du hier ohne Hochzeitsgewand erscheinen? Darauf wußte der Mann nichts zu sagen. 13 Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße, und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen. 14 Denn viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt.
Liebe Christen!
So ein richtiges Festmahl mit allem drum und dran ist etwas Schönes: da ist genau geplant, wer gerne neben wem sitzt, damit er sich optimal unterhalten und Neuigkeiten austauschen kann; da ist die Speisenfolge so abgestimmt, daß Auge und Gaumen möglichst großen Genuß haben; frische, knackige Salate und Gemüse (nicht aus der Konserve) und echte, feine Soßen (nicht Packerlsoßen); die Ansprachen sind nicht stinklangweilig und nervtötend, wie wir sie zum Beispiel von manchen Politikern kennen, sondern humorvoll und spritzig; und man kommt mit Leuten in Verbindung, die man lange nicht gesehen hat oder bisher noch nicht kennenlernen konnte, und redet über interessante Themen; und das alles geschieht ohne Eile und Hektik (ohne: Herr Ober, bitte gleich zahlen, wir müssen gleich weiter).
Und dann erst eine Hochzeitsfeier! Verwandte, die sich jahrelang nicht mehr gesehen haben, treffen sich; wildfremde Menschen, die nun plötzlich miteinander verwandt sind, lernen sich kennen; ja - und natürlich ist auch das glückliche Brautpaar da (von dem wir hoffen wollen, daß das Hochzeitsmahl nicht das Happy End" - also das Ende von happy" - darstellt.
Solch ein seltenes Fest hat Jesus im Auge, wenn er es mit dem Reich Gottes vergleicht. Überall, wo es Menschen gibt, ist solch ein Hochzeitsmahl der Inbegriff von Freude, Gemeinschaft und Feiern; sozusagen ein Natursakrament", ein Heiliges Zeichen" für die Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes.
Umso unverständlicher ist die Reaktion der Geladenen in unserem Gleichnis: jeder findet eine andere Ausrede, nur damit er nicht zum Fest muß. Und von denen, die schließlich doch erscheinen, ist einer gar ein provokanter Typ, der in Verhalten und Kleidung ausdrückt, daß ihm die ganze Veranstaltung nicht paßt.
Kein Wunder, daß der König da wütend wird und die offensichtliche Mißachtung seiner Person mit einer Strafaktion rächt. Jetzt ist es ihm egal, wer kommt, jedes Gesindel, jeder Gauner darf nun in den Hochzeitssaal - für ihn ist nur wichtig, daß jemand kommt!
Liebe Christen, heute muß sich wieder mal unser Auslegungsmaßstab bewähren, den wir immer wieder an biblische Erzählungen und Gleichnisse anzulegen haben, sonst kommen wir mit dieser Geschichte in Teufels Küche. Sie erinnern sich: dieser Maßstab ist die unendliche, bedingungslose und unverlierbare Liebe des himmlischen Vaters. Verliere ich diese Richtschnur aus den Augen, dann gerät das heutige Evangelium zu einem düsteren, angstmachenden Lehrstück für ewige Verdammnis und den vernichtenden Zorn Gottes.
Versuchen wir es einmal:
Zunächst ist von Gott, bzw. von Jesus die Rede, der - wie so oft in der Bibel - mit einem Bräutigam verglichen wird. Der Mensch sollte wie eine Braut sein (wobei wir bei unserer Geschichte keinen Unterschied zwischen Braut und Hochzeitsgast machen müssen). Braut sein heißt: bedingungslos offen und empfänglich für seine Liebe. Nehmen wir diese Liebe an, dann wird unser Leben zu einem Fest, zur intimsten Gemeinschaft mit ihm.
In der Sicht des Mattäus, der ja mit einiger Wahrscheinlichkeit sein Evangelium erst 50 Jahre nach Tod und Auferstehung Jesu geschrieben hat, hatte Israel das Angebot Gottes abgelehnt und so seine Strafe selbst verursacht: er bringt nämlich die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 nC mit dieser Ablehnung in Zusammenhang. Wir müssen uns dieser Deutung nicht anschließen: aus unserer Sicht ist es nicht Gott, der direkt bestraft. Er verhindert nur die Folgen nicht, die unsere mißbrauchte Freiheit mit sich bringt; jede Ab-SONDE-rung von Gott trägt ja ihre Strafe in sich.
Interessant ist nun, daß Gott, der Gastgeber, keinen moralischen" Unterschied macht: alle sind eingeladen, die Guten wie die Bösen! Was für ihn zählt, ist allein, ob man der Einladung folgt oder nicht. Wenn das einen Moralapostel stört, dann hat er das falsche Kleid" an, dann stimmt seine innere Haltung und Einstellung nicht: er demonstriert, daß er mit dem Festmahl für Gute und Böse nicht einverstanden ist. Nicht Gott - seine eigene Unbarmherzigkeit läßt ihn draußen sein und mit seinen Zähnen knirschen! Auch Unbarmherzigkeit trägt ihre Strafe in sich; wie der brave Sohn" im Gleichnis vom Guten Vater" protestiert man dann gegen die vermeintliche Ungerechtigkeit Gottes nach dem Motto: Wenn auch für diesen Sauhund der Himmel offen ist, dann möchte ich nicht hineinkommen!" Um diesen Kerl mit der unpassenden Kleidung richtig beurteilen zu können, muß man wissen, daß man sich damals ohne weiteres ein Festkleid ausleihen konnte, um beim Fest angemessen gekleidet zu sein. Reiche Gastgeber haben ihre Gäste oft sogar damit beschenkt! Es ist also nicht die Armut, die so eine faux pas rechtfertigen würde - es ist purer Protest, ja bewußte Provokation!
Halten wir fest: diese Perikope ist kein dogmatischer Beweis für die Ewige Verdammnis"; sie ist ein - von Mattäus tendenziös anti-jüdisch verändertes - Gleichnis für die umfassende Liebe Gottes, der alle Menschen einlädt, mit ihm Gemeinschaft zu haben und damit Lebenssinn, Freude, Heil. Sie ist aber auch ein Beispiel für die menschliche Freiheit, die diese Einladung ablehnen kann oder aber Gott Vorschriften machen möchte, wer eingeladen werden soll und wer nicht.
So schadet es wirklich nicht, wenn uns diese Geschichte zuerst einmal betroffen macht, denn sie läßt uns erkennen, wie weit wir noch immer vom Geist Gottes", vom Geist Jesu, entfernt sind. Denn viele, ja alle, sind von Gott gerufen; aber nur, wer dieser Berufung auch folgt, ist auserwählt".
AMEN
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